Was hatten wir für einen Tag vor uns: Zuerst wollten wir auf den einzigen Hügel weit und breit wandern, um einmal den Panoramablick übers „Amazonasgebiet“ schweifen zu lassen. Wir ließen uns per Kahn übersetzen und stiefelten dann beinahe einsam durch einen kleinen Nationalpark. Dabei begegneten uns zum ersten Mal Spider- Monkeys, uns eher bekannt als Klammeraffen. Sie sehen sehr lustig aus mit ihren laaaangen Armen und Beinen und dem vergleichsweise kleinem Körper. Sie sind verdammt gute Kletterer und benutzen dabei statt eines Daumens ihren Schwanz wie einen 3. Arm. An den „Händen“ haben sie nur vier Finger, da ein Daumen beim schnellen Klettern wohl nur stören würde. Einer der Affen mochte Marcus überhaupt nicht. Als Marcus sich trotz der üblichen Drohgebärden, die wir ja schon des Öfteren zu sehen bekamen, nicht demütig verzog, begann er auf ihn zu pinkeln und mit Kernen (Hoffen wir mal!) nach ihm zu werfen. Das fand unser Familienoberhaupt dann doch zu widerlich und schloss lieber schnell zu „Weibchen“ auf. Also manchmal können sie schon dreist sein diese Primaten… Nachdem wir dann noch keuchend den Hügel erklommen hatten und zu spüren bekamen, dass unsere Topp- Wanderkondition von Réunion quasi verschwunden war 🥴, machten wir uns auf den 6 km langen Rückweg. Dieser führte uns allerdings über die Landebahn des Flughafens. Zwischen Karibik und Rio Suerte gab es genau eine kleine vor 20(?) Jahren zusammenasphaltierte Landebahn mit einem Hauch von Grünstreifen zum Wasser hin. Links kein Pfad, rechts kein Pfad, keine Menschenseele weit und breit außer einem mit Palmenblättern behangenem jungen Mann (kein Witz!) …na dann eben mittendurch. So liefen wir in der absoluten Mittagshitze, der prallen Sonne ausgeliefert, vom nördlichen Ende der Landebahn zum südlichen. Natürlich fanden wir das sehr komisch und schauten besorgt zum Himmel: Was passiert eigentlich, wenn jetzt ein kleiner Flieger kommt? Nach etwa 10 zügigen Minuten hatten wir es jedoch geschafft und konnten uns ins dahinter beginnende Wäldchen flüchten, in welchem wir etwa 1 weiter Stunde dem schattigen, schönen Pfad bis ins Dörfchen folgten. Völlig platt und sehr durstig erreichten wir dann das Doña Maria und hauten uns mit Pollo a La Caribbean und Arroz vegetariano die Bäuche voll. Ich war jetzt schon müde und in drei Stunden sollte es zum Nightwalk gehen 😬
Wenn man durch Costa Rica reist, kommt man ja irgendwie doch nicht um eine nächtliche Entdeckungstour im Dschungel herum. Ich hätte mich gern davor gedrückt, schon weil ich bisher so einigen nachtaktiven Tieren, insbesondere allem was kreucht und fleucht, erfolgreich aus dem Weg gegangen bin. Sobald es dunkel ist, so 18:00 Uhr, geht man einfach nur noch auf beleuchteten Straßen oder bleibt im Haus bis es gegen 5:00 Uhr wieder hell wird 😉 Wie auch immer, meine Familie drängte nun darauf in Tortuguero eine Tour zu machen und so musste ich dann wohl oder übel nach Sonnenuntergang mit langen Hosen und Pullover sowie festem Schuhwerk und Taschenlampe, von oben bis unten zusätzlich nahezu in Anti- Tropic- Mückenkram gebadet, los. Schon diese empfohlenen Notwendigkeiten lassen ja tief blicken 🙄 Letztlich marschierten wir aber gar nicht so weit. Bereits hinter dem Dörfchen gab es ein kleines Wäldchen. Doch bevor wir uns auf verschlungenen kleinen Pfaden dort hindurchschlängeln 😉 sollten, erhielten wir von unserem Guide Abèl noch ein paar Überlebenstricks. Er zeigte uns eine rote schöne Ingwer- Fakeblüte. Die eigentliche Blüte ist ganz klein und sprießt aus dieser großen seitlich heraus. Lost in the Jungle und Angst vor Skorbut? Dann empfehle ich, diese Blüten zu suchen. Dann zupft man sie einfach ab, befreit sie von eventuellem Krabbeltier 🐜 und genießt diesen fruchtigen, leicht säuerlichen Vitamin C- Geschmack. Ich habe es auch probiert und fand es sogar recht lecker. Ist der tägliche Vitamin C- Bedarf gedeckt und der Erhalt der Zähne damit gesichert, kann man sich sehr leicht um den Proteinbedarf kümmern. Dafür ist nur ein Termitenbau von Nöten und davon gibt es im Dschungel ja mehr als genug. Abèl zeigte uns als pflichtbewusster Guide natürlich wie es schon die alten Inkas und Mayas taten und wir machten es brav mit:
1. Finger am T-Shirt abwischen (um mit dem eigenen Dreck/ Bakterien nicht den Bau zu zerstören)
2. Mit besagtem sauberen Finger ein kleines Loch ins Nest piken und den Finger in die kleine Menge der aufgescheuchten Termiten stecken. Wem es jetzt noch nicht zu ekelig wird:
3. Den Finger ein wenig hin und her drehen, damit nun möglichst viele Termiten (Je nach einzuschätzendem Proteinbedarf 😜) auf den Finger krabbeln.
4. Finger samt der darauf befindlichen Termiten zum Mund führen und mehr oder weniger genüsslich abschlecken, Geschmack ist ja bekanntlich sehr individuell…
Wer holziges, harziges Aroma mag, der sollte möglichst viele Termiten auf seinen Finger locken 😂
Frisch gestärkt ging es nun ins benachbarte Dschungelwäldchen. Wer schon vorab durch eines gelaufen ist, weiß wie viele riesige Spinnennetze des Seidenspinners es darin gibt. Mein Grauen: Ich komme vom Pfad ab und lande mitten in einem davon. Um dies zu vermeiden klebte ich dem witzigen Guide quasi am Hintern und folgte ihm auf Schritt und Tritt. Viel Neues gab es aber ehrlich gesagt nicht zu sehen. Auf dieser Tour entdeckten (eher) wir ein schlafendes, grünes Echsen- Weibchen, ein große Spinne, die sich wortwörtlich am seidenen Faden vor Marcus Nase vom Ast abseilte sowie ein Faultier. Dieses tat mir richtig leid, denn mittlerweile wimmelte es im kleinen Waldstück von Taschenlämpchen bis Scheinwerfern diverser Tourgruppen. Richtig doof blieben manche unter dem armen Tier stehen, leuchteten wild darauf und versuchten es mit Pfiffen aus der Reserve zu locken. Oh mein Gott, war das ätzend!
Kurze Zeit später erfüllte sich dann endlich Marcus Wunsch. Eine Führerin kurz vor uns entdeckte die sehr hübsche, ungiftige Glanzspitznatter: knallgrün mit sehr spitzem Kopf. Schön sah sie ja schon aus und auch wenn sie nicht giftig ist, wenn diese mir plötzlich vor meine Füße fiele, würde ich vermutlich laut kreischend, um mich schlagend, weniger koordiniert durch den Dschungel rennen, vom Pfad abkommen, ins riesige Seidenspinnernetz rennen, mich eventuell befreien, um dann festzustellen, dass ich nun völlig allein und verloren in der Wildnis bin. Naja, zumindest bekäme ich nach der heutigen Nacht kein Skorbut mehr und auch ein möglicher Proteinmangel wäre ich nicht das eigentliche Problem…
Köstlich unterhaltsam, inzwischen unser gemeinsames Vorleseritual.
Und die Bilder sind ja wirklich kalendertauglich.