Let’s find the Humpbacks!
Let’s find the Humpbacks!

Let’s find the Humpbacks!

Nach zweitägiger Reise kamen wir in Dalvík nahe dem hübschen kleinen Städtchen Akureyri an. Beide Orte liegen an einem wunderschönen tiefen Fjörd, dem Eyjafjördur. Hier sollten wirklich Wale leben also buchten wir für den kommenden Tag kurzentschlossen eine Whale Watching Tour ab Hauganes. Die Wetterprognosen waren sehr vielversprechend für mich Wellenphobiker, beinahe Windstille war vorausgesagt, der Touranbieter hatte ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️-Rezensionen und der stabile alte Eichenkahn wirkte vertrauenserweckender als so manches wendige Schlauchboot anderer Anbieter. Aufgeregt ging es nach einem entspannten Frühstück zum Treffpunkt und tatsächlich hielt sich das Wetter an die Prognosen: leicht bewölkt, sehr wenig Wind und daher nur klitzekleine Wellen. Der etwas wortkarge Kapitän begrüßte uns freundlich und teilte uns in für Isländer reichem Wortschwall mit, dass die Wale heute im Fjörd gesichtet wurden und wir daher nicht !!! Aufs offene Meer müssten. Na da fiel mir ja erstmal ein ganzer Felsbrocken vom Herzen. Klar, für die Wale hätte ich all meinen Mut zusammengenommen und mich in die Fluten gewagt, aber so? Fantastisch… schon da hätte ich vor Freude weinen können, so erleichtert war ich. Fast wäre ich vor Glück dem alten Herrn Kapitän um den Hals gefallen, schien mir dann aber doch etwas übertrieben.

“Wer den ersten Wal sieht, der darf sich wieder 3 Süßigkeiten aussuchen!” Dies hatte ja bereits mit Tenreks auf Réunion und Faultieren & Co in Costa Rica funktioniert, warum nicht also auch in Island?
Pünktlich starteten wir eingepackt in riesigen, windabehaltenden roten Overalls mit der alten Niels Jonsson von 1974 fjördeinwärts. Auf dem Kutter befanden sich nur 10 Leute: 2 Mann Besatzung, 3 Amerikanerinnen und wir 5, ganz klar in der Überzahl. Daher fühlte es sich fast wieder wie eine private Führung an, hatte schon was Familiäres irgendwie. Bereits nach etwa 20 Minuten entdeckte Marcus schon die erste Fontäne. Die erste Frage unserer Kinder: “Zählt das schon als Walsichtung?” Sie sahen wohl in diesem Moment ihre Felle, äh Blubber bezüglich der Wale schnell davonschwimmen. Prioritäten sind das…🙈
Während bei uns noch diskutiert wurde, steuerte das Schiff gemächlich auf diese Stelle zu und dann warteten wir, bis der Buckelwal wieder auftauchen würde. Dies dauert ungefähr aufregende 5 Minuten und wir sahen nach zweifachem, kurzem Auftauchen des entspannten Meeressäugers dessen Fluke, die ein erneutes Abtauchen signalisierte. “Ach schade”, dachte ich, “das wars bestimmt.” Denn gesehen hatten wir ihn ja zumindest. Aber schon sichteten die erfahrenen Whalewatcher auf der anderen Seite des Fjörds die Fontäne eines weiteren Buckelwals. Wir schipperten wieder recht gemütlich hinüber und plötzlich tauchte quasi in kurzer Entfernung neben unserem Boot ein weiterer Wal auf. Wir hielten auf der Stelle an und warteten geduldig. Das hatte sich gelohnt! Direkt am Bootsheck tauchte der große Humpback auf, pustete lautstark die Luft aus, glitt ruhig, quasi in Zeitlupe, ganz dicht unter der Oberfläche 2 Meter entfernt steuerbord entlang. So konnten wir deutlich von oben den Kopf mit seinen 2 Blaslöchern, die weiße Färbung am Bauch und Flipper sowie die wirklich langen, schmalen Flipper sehen. Noch einmal holte er kräftig Luft, pustete uns an, bevor er seinen typischen Buckel machend und seine große Fluke deutlich präsentierend, steil hinab in die Tiefen des Fjörds abtauchte. Wahnsinn!!! Immerhin sind sie ja auch durchschnittlich ca. 13 m lang und können sogar bis 18 m lang werden! Wann sieht denn unsereins solch ein majestätisches, wunderschönes Tier schon in seinem Leben? Wir waren alle ganz verzaubert und ja, es flossen jetzt doch ein paar Glückstränchen. So ein Moment ist schon besonders schön. Es erfüllte sich ja immerhin für uns alle endlich ein großer Traum: einmal live Wale sehen. Bis auf Delfine hatten wir ja schon in Norwegen auf den Lofoten, auf Réunion und in Costa Rica kein Glück. Entweder war es nicht so ganz die richtige Zeit oder das Wetter zu schlecht, so dass die Schiffe nicht ausliefen. Heute war aber der rundum perfekte Tag dafür und alles hat gepasst. Genial!

Nach ein paar weiteren Buckel- und auch den kleineren Minkwalen, allerdings eher weiter weg und nicht direkt am Kutter, hieß es dann Angeln raus und los! Ach ja, fast hätten wir’s vergessen. Die Tour beinhaltete ja auch angeln und man durfte die Beute, frisch vom Kapitän filetiert mitnehmen. Ein wenig paradox, man erfreut sich an der Schönheit der Natur, wendet das Schiff und wirft zu acht die Hochseeruten aus. Es war unfassbar, kaum die Angel im Wasser, rief Fritzi schon um Hilfe. Ihre Angel sei zu schwer, sie könne die Sehne nicht einholen. Mit etwas Unterstützung vom Kapitän gelang es dann doch und sie zog als Erste nach nicht einmal 2 Minuten den größten Fisch heraus. Ganz kurz nur genoss sie ihren Triumph, denn als sie ihn kurz darauf in einer glibberigen Umarmung in ihren Händen hielt, tat ihr der Fisch mit seinen runden Glubsch…äh Kulleraugen 😜 so leid, dass sie verzweifelt darum bat, ihn wieder ins Wasser werfen zu dürfen. Wir erklärten dem Kapitän kurz die Lage und schon befreite er den glücklicherweise nicht verletzten Fisch vom Haken. Fritzi gab ihm erleichtert die Freiheit zurück und die Freude am Angeln war ihr damit gehörig vergangen. Für wenigstens 75 Minuten nahm sie sich fest vor, fortan nie wieder Fisch zu essen. Dann aber räumte sie vorsichtig ein, bei Fischstäbchen eventuell eine Ausnahme zu machen. Naja, wir warten mal ab…

Wir rätselten jedenfalls sehr, woher so schnell all die Fische kamen, die ständig die Köder schluckten. Ungelogen, nach 5 Minuten hatte jeder an Bord wenigstens 2 größere oder kleinere Fische am Haken. Ich vermutete ja insgeheim, dass Steuerbord jemand die halb verhungernden Fische aus Plastikeimern heimlich ins Wasser warf, damit wir Touristen sie bugbord glücklich angeln durften. Es war ein wenig so wie bei dem Angelspiel. Angel mit Magneten reinhalten und direkt einen Pappfisch rausholen…zack, zack, zack. Wenn keiner mehr im Feld ist, war das Spiel beendet. So lief es auch bei uns. Nach nur 10 Minuten hieß es “Angeln zurück!” und schlussikowski. Ich weiß nicht, ob es an Fritzis verzweifeltem Gesicht oder der Größe der Fische lag, aber am Ende wurde kein einziger Fisch filetiert. Ob sich der Kapitän wohl wunderte, dass niemand es übers Herz brachte, die selbst geangelte Beute in ordentlichen, von Gräten und Innereien befreiten Stücken nach Hause zu tragen? Ganz sicher bin ich mir auf jeden Fall, dass es aus unserer Familie fast niemanden störte, an diesem Tag kein Lebewesen aus dem Fjörd in unsere kleine Pfanne zu schmeißen. Ganz im Gegenteil, schnell wurde Jagd in eine ganz andere Richtung aufgenommen. Gerade mal 2 Minuten von Bord und schon musste Marcus erste Bestechungsversuche abwehren, ihm seinen Erfolgsbonus in Form von drei Süßigkeiten abspenstig zu machen.

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